Bakterien die unbekannten Wesen
Besonders als Mikrobiologin habe ich die Erfahrung gemacht, dass noch sehr viel Aufklärungs- und Verständnisarbeit geleistet werden muss, um mikrobiologisches Arbeiten in der Öffentlichkeit und vor allem im UMWELTSCHUTZ gesellschaftsfähig zu machen.
Dazu vielleicht ein kleines Gedankenspiel:
An was denken Sie als erstes wenn Sie an Bakterien denken? Gefährlich? Krankheit? Tod? Desinfektionsmittel? Manchmal begegnen sie auch im „Guten“, wenn man an die „Darmflora“ oder auch die links- oder rechts- drehenden Joghurtkulturen denkt. Kommt Ihnen das bekannt vor? Mir auch…
Die breite Öffentlichkeit hat in meinen Augen keinen, beziehungsweise nur einen eingeschränkten Bezug zum Thema Mikrobiologie oder Bakterium an sich. Das ist kein Vorwurf, sondern erst einmal völlig verständlich. Wie soll man denn auch einen Bezug zu etwas haben, dass man nicht sehen oder greifen kann? Es ist einfacher etwas zu verstehen und in letzter Konsequenz zu schützen, das man begreifen und erfassen kann.
Deshalb möchte ich Ihnen ein paar, eventuell auch neue Aspekte aufzeigen, die es vereinfachen sollen zu verstehen, warum Mikrobiologie so wichtig ist und vielleicht sehen Sie Bakterien in Zukunft auch mit anderen Augen.
- Bakterien sind überall! Noch nicht einmal innere Organe, wie die Lunge von der bisher ausgegangen wurde sie sei „steril“, sind Bakterienfrei.
- Bakterien waren die ersten Lebensformen auf unserem Planeten und erfüllen auch heute noch eine Vielzahl wichtiger Stoffwechselprozesse (auch in unserem Körper), ohne die Leben gar nicht möglich wäre. Sie stellen wichtige Nährstoffe für Pflanzen, Tiere und auch für Menschen bereit. Denken wir nur einmal an die Darmflora, ohne Bakterien würden wir unser Essen kaum verwerten können.
- Bakterium ist nicht gleich Bakterium: Bakterien leben in Gemeinschaften, die in Abhängigkeit von den jeweiligen Lebensraumbedingungen unterschiedlich zusammengesetzt sind. Schon allein der menschliche Körper schafft die unterschiedlichsten „Lebensräume“. Die Bedingungen im Darm unterschieden sich ganz erheblich von denen auf unserer Haut. Bakteriengemeinschaften im Darm müssen so zusammengesetzt sein, dass die unterschiedlichen Nahrungsmittel verwertet und schlussendlich die einzelnen Nährstoffe unserem Körper zugeführt werden können. Auf der Haut sorgen wieder andere Gemeinschaften unter anderem für die Ausbildung eines Schutzfilms, der uns z.B. vor Krankheitserregern schützt.
- Bakterien helfen beim Schadstoffabbau! Viele Studien konnten bereits eindrucksvoll zeigen, wie wichtig Bakterien beim Abbau von organischen Schadstoffen (z.B. Öl) sein können. Erinnern Sie sich an die Ölkatastrophe Deepwater Horizon? Im Golf von Mexico vor ein paar Jahren? Wissenschaftler konnten zeigen, wie sich die Bakteriengemeinschaften, die sich in oder an den Ölfilmen im Wasser befanden, stark von anderen, nicht betroffenen Gemeinschaften, im gleichen Wasser unterschieden. Die angepassten Bakterien wiesen dabei eine erhöhte Aktivität von Funktionen auf, die zur Verwertung des Ölteppichs nötig waren.
Nicht nur diese Studie, sondern eine Vielzahl von Untersuchungen, die Bakteriengemeinschaften im Hinblick auf Umweltveränderungen beobachtet haben, beweisen, dass Bakteriengemeinschaften auf diese Veränderungen reagieren! In betroffenen Gebieten waren die Artzusammensetzung, die Anzahl der Bakterien sowie die Funktionen (Nährstoffbereitstellung) der Gemeinschaften deutlich verändert. Die Konsequenzen die diese Veränderungen mit sich bringen sind bislang nicht abschätzbar.
Genau aus diesem Grund möchte ich die Öffentlichkeit verstärkt über Bakterien informieren und die Menschen dafür sensibilisieren, dass Bakterien weit mehr sind, als Krankheitserreger oder Biokatalysatoren bei der Herstellung kommerzieller Produkte. Sie gehören genauso zu unserer Erde wie wir und sollte man in Betracht ziehen, wie lange sie diesen Planeten bereits bewohnen, so haben Bakterien in jedem Fall die älteren Rechte. Besonders Umweltbehörden, Naturschutzverbände und natürlich unsere Politik können dabei mithelfen, Bakterien eine größere Lobby zu verschaffen. Ich finde es richtig, sich für den Artenschutz und einen nachhaltigen Umgang mit unserer Umwelt einzusetzen. Fahrlässig finde ich es, die Organismen nicht mit ein zu beziehen, die genau diese Umwelt erschaffen haben und genauso betroffen sind von Ihrem Wandel wie alle anderen Lebewesen auch.
Interesse geweckt? Gerne erzähle ich Ihnen mehr…